#composer: Sarah Nemtsov zu ihrer Kammeroper ‚Herzland‘

Sarah

Die Kammeroper Herzland habe ich mit 24 Jahren komponiert. Ich wollte in und an verschiedenen Stationen zeigen, wie sich die Beziehung von Paul Celan und seiner Frau Gisèle Celan-Lestrange entwickelt und wie sie – trotz tiefer Liebe und innigster Verbundenheit – zerbricht. Dabei war mein Ziel nicht, Paul Celan und seine Frau als Personen zur Schau zu stellen, vielmehr ging es mir darum, einen Konflikt aufzuzeigen. Die Beziehung zerbricht letztlich auch an der Geschichte, die vorbei ist, vergangen, aber eben doch nicht vorbei, sondern sich wieder und wieder schmerzhaft aktuell zeigt. Der Massenmord an den Juden, dem auch Celans Eltern zum Opfer fielen blieb zeit seines Lebens das Zentrum seines literarischen Schaffens. Deutsch war die Muttersprache Celans, sowie die Sprache der Mörder seiner Mutter. In Deutschland fand er seine primäre Leserschaft, immer wieder musste er sich dort aber auch mit Antisemitismus konfrontiert sehen. Das Judentum war in Celans Leben immerzu präsent, allerdings in dem ständigen Zwiespalt zwischen „Glauben-Wollen“ und „Nicht-Glauben-Können“. 

Die jüdischen Themen sollten auch für die Musik bedeutsam werden, indem ich vielfach auf traditionelle jüdische Musik verwiesen habe – auf liturgische, sowie auf Volksmusik. Diese Sphären sind in der Gesamtform, in Melodik, Rhythmik und Harmonik untergründig quasi immer in irgendeiner Weise vorhanden. Mich reizte dabei auch die Idee der Verlorenheit von einer „Klezmer-Kapelle“ in einem Orchestergraben. Assoziativ verband ich das mit dem so oft als verloren, entwurzelt, heimatlos beschriebenen Paul Celan.

Sarah Nemtsov

Sarah Nemtsov: Herzland steht auf dem Programm des JCOM Konzerts Paul Celan am 22. März 2023 in den Münchner Kammerspielen, weitere Infos zum Konzert hier.