In Deutschland gibt es viele unterschiedliche Arten von jüdischen Gemeinden, die verschiedene Herkunft, religiöse Ausrichtungen und Traditionen repräsentieren. Diese Gemeinden lassen sich in erster Linie nach religiöser Orientierung und Praktiken unterscheiden. Jede dieser Gruppen hat eine besondere Ausrichtung und Tradition, die das Leben und den Glauben der jüdischen Gemeinschaften in Deutschland prägt.
Orthodoxe jüdische Gemeinden
Ausrichtung: Streng an die Halacha (jüdisches Religionsgesetz) gebunden. Traditionelle Geschlechterrollen, koschere Ernährung und Einhaltung des Schabbat stehen im Zentrum.
Gemeindeleben: Männer und Frauen beten in getrennten Bereichen der Synagoge (Mechiza), der Rabbiner hat eine zentrale Rolle in allen Lebensbereichen. Es gibt strikte Vorschriften zur Konversion und zu den religiösen Bräuchen.
Beispiele: Viele traditionelle Gemeinden in Großstädten wie Berlin, München und Frankfurt.

Liberale/reformierte jüdische Gemeinden
Ausrichtung: Moderner Ansatz, der jüdische Tradition mit den Erfordernissen der modernen Welt zu verbinden sucht. Die Auslegung der Halacha ist weniger strikt, und es gibt mehr Flexibilität.
Gemeindeleben: Männer und Frauen beten zusammen, und Frauen können in religiösen Funktionen wie z.B. als Rabbinerinnen oder Kantorinnen tätig sein. Die liturgischen Praktiken sind oft in die Landessprache übersetzt.
Beispiele: Die Gemeinde Beth Shalom in München, die Reformsynagoge in Hamburg oder die Liberale Jüdische Gemeinde Ruhrgebiet in Oberhausen.
Die Union progressiver Juden in Deutschland ist die Dachorganisation liberaler jüdischer Gemeinden, auch das Rabbinerseminar Abraham Geiger Kolleg in Potsdam ist eine liberal orientierte jüdische Einrichtung.
Masorti - Konservative jüdische Gemeinden mit modernem Geschlechterverständnis
Ausrichtung: Zwischen orthodox und liberal. Die konservativen Gemeinden halten sich größtenteils an die jüdischen Gesetze, interpretieren diese jedoch moderner als die orthodoxen Gemeinden.
Gemeindeleben: Ähnliche Praxis wie in orthodoxen Gemeinden, jedoch mehr Gleichberechtigung für Frauen, beispielsweise beim Lesen der Tora.
International gibt es Masorti-Gemeinden, in Deutschland ist die Bewegung hauptsächlich innerhalb der jüdischen Gemeinde von Berlin angesiedelt. An anderen Orten gibt es zwar Partnerschaften, aber keine eigenen Gemeinden. Dachorganisation ist Masorti e.V. in Berlin, in deren Vorstand u.a. Rabbinerin Gesa Ederberg, Gemeinderabbinerin der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, verantwortlich für die Synagoge Oranienburger Strasse, ist.
Chassidische Gemeinden: Spirituelles Judentum
Ausrichtung: Eine Strömung innerhalb des orthodoxen Judentums, die sich durch mystische und spirituelle Auslegungen auszeichnet. Sie leben sehr traditionsbewusst und meist in enger Gemeinschaft.
Gemeindeleben: Stark gemeinschaftsorientiert mit Fokus auf religiöse Studien, Gebete und rituelles Leben.
Beispiele: die chassidisch-liberale Jüdische Kultusgemeinde in Dresden, ansonsten kleinere chassidische Gruppen, besonders in großen Städten wie Berlin.

Dachorganisation: Der Zentralrat der Juden in Deutschland
Dies ist keine spezifische Gemeindeform, sondern die Dachorganisation vieler jüdischer Gemeinden in Deutschland. Der Zentralrat vertritt sowohl orthodoxe als auch liberale Gemeinden und ist ein wichtiger Ansprechpartner für die jüdische Gemeinschaft auf nationaler Ebene.
Nicht-religiöse jüdische Gemeinschaften
Natürlich gibt es auch andere Formen jüdischer Gemeinschaften, bei denen nicht ein bestimmtes Glaubens-Verständnis das einende Element ist. Es gibt beispielsweise jüdische Studentengruppen (unter der Dachorganisation des Bundesverbandes jüdischer Studenten), jüdische Sportvereine (Makkabi Deutschland), aber auch säkulär-jüdische Gruppen, in denen sich Menschen jüdischer Herkunft zusammenfinden, um gemeinsame Traditionen zu pflegen, z.B. Kulturvereine und Festivals zu jüdischer Kultur.