Das Leben und Werk des polnischen Komponisten Józef Koffler ist heute nahezu vergessen, es sind auch nur wenige Details bekannt: Der jüdisch-polnische Komponist wurde 1896 in Stryj (Polen, heute: Ukraine) geboren und studierte zunächst am Musikkonservatorium in Warschau. Mit Mitte 20 ging er nach Wien, um sein Kompositionsstudium in dieser Musik-Metropole fortzusetzen. Dort beschäftigte er sich mit den neuen Ansätzen Arnold Schönbergs und der Zweiten Wiener Schule – den Kompositionstechniken, die in den 1920ger Jahren als Zwölftonmusik bekannt wurden.
Auch in seinen eigenen Werken erkundete Koffler diese neuen Wege des musikalischen Ausdrucks. 1928, mit gerade einmal 32 Jahren erhielt er die die einzige Professur für atonale Komposition in Polen im Lemberg. Aus dieser Zeit stammen seine bekanntesten Werke, die 15 Variationen über eine Zwölftonserie (’15 variations d’après une suite de douze tons‘) op. 9 (1927), das Streich-Trio op. 10 (1928) und das Klavierkonzert op. 13 (1932).
In den 1930er Jahren erfuhr die Karriere Józef Kofflers einen jähen künstlerischen Bruch. Unter dem psychischen Druck durch den Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland sowie stalinistischen Säuberungen in der UdSSR stellte er Mitte der 1930er Jahre das Komponieren ein und bearbeitete in den folgenden Jahren nur noch Werke anderer Komponisten. Am bekanntesten ist seine Bearbeitung/Orchestrierung von Bachs berühmten Goldberg-Variationen für Orchester.
Nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Ostpolen 1941 wurde Koffler mit seiner Frau und seinem wenige Jahre alten Sohn verhaftet und in das Ghetto Wieliczka gebracht. Nach der Auflösung des Ghettos 1943 versteckte sich die Familie an unterschiedlichen Orten, wurde 1944 jedoch von der Gestapo aufgespürt und am Rande eines unbekannten Dorfes erschossen.
Die Geschichte Józef Kofflers steht exemplarisch für die vieler jüdischer Künstler*innen seiner Generation: der Holocaust bedeutete eine existenzielle Zäsur in ihrem Schaffen, die sich bis heute fortsetzt – ihr Werk wurde nie einem breiten Publikum bekannt. Der künstlerische Leiter des JCOM, Daniel Grossmann, stieß zufällig auf einer Liste verfolgter jüdischer Komponisten auf den Namen Koffler. In einem von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien geförderten Projekt, Kofflers Schicksal, mit insgesamt 14 Konzerten in Deutschland möchten wir seinen Namen wieder bekannt machen.