Moses Maimonides (1138–1204), auch bekannt unter dem Akronym „Rambam“ (Rabbi Mosche ben Maimon), gilt als einer der bedeutendsten jüdischen Intellektuellen des Mittelalters. Er war Sepharde, also Angehöriger der jüdischen Gemeinschaft, die im mittelalterlichen Spanien (Sefarad) lebte, und wirkte als Rechtsgelehrter, Philosoph und Arzt. Sein Werk repräsentiert die bemerkenswerte Synthese aus jüdischer Tradition, aristotelischer Philosophie und medizinischem Wissen seiner Zeit.
Herkunft und Exil
Maimonides wurde 1138 in Córdoba im islamischen al-Andalus geboren, einer Region, die damals durch ein hohes Maß an kultureller und religiöser Diversität geprägt war. Seine Familie entstammte einer angesehenen Gelehrtenlinie und war stark im jüdisch-rabbinischen Bildungssystem verankert.
1148 änderte sich die politische Lage in Córdoba mit dem Machtantritt der Almohaden, einer aus Nordafrika stammenden, fundamentalistisch-islamischen Dynastie, die das Kalifat der toleranteren Almoraviden ablöste. Die Almohaden führten eine radikale Religionspolitik ein, die die jüdische und christliche Bevölkerung zwang, entweder zum Islam zu konvertieren, ins Exil zu gehen oder mit Repressionen zu leben.
Die Familie Maimon floh daraufhin zunächst innerhalb al-Andalus von Córdoba nach Almería und später nach Fez in Marokko. Auch dort blieb die religiöse Lage angespannt, sodass Maimonides 1165 endgültig nach Ägypten emigrierte. Dort ließ sich die Familie schließlich in Fustat (Alt-Kairo) nieder.

Tätigkeiten als Rabbiner und Arzt
In Ägypten verbrachte Maimonides seine Zeit zunächst als Rabbiner und Rechtsgelehrter, nachdem er bereits in Córdoba eine umfassende Ausbildung in Philosophie und Naturwissenschaften erhalten hatte. Aus finanziellen Gründen entschloss er sich schließlich dazu, auch als Arzt zu praktizieren. Obwohl ihn diese Arbeit sehr beanspruchte, verfasste er daneben weiter bedeutende medizinische und theologische Schriften.
Seine medizinische Karriere erreichte ihren Höhepunkt, als er zum Leibarzt des Wesirs am Hof Saladins ernannt wurde. Maimonides' medizinische Ethik betonte die ganzheitliche Betreuung des Menschen: Körper und Geist wurden gleichermaßen als zu heilende Einheiten betrachtet. Dabei spielte die Verbindung zwischen Religion, Lebensführung und Gesundheit eine zentrale Rolle.

Maimonides' Philosophie: "Führer der Unschlüssigen"
Maimonides' Hauptwerk im Bereich der Philosophie ist der "Führer der Unschlüssigen" (hebr. More Nevuchim, arab. Dalālat al-ḥāʾirīn). Es wurde ursprünglich auf Arabisch verfasst und richtet sich an gebildete Leser, die einerseits an die Offenbarung glauben, andererseits aber durch die aristotelische Philosophie intellektuelle Zweifel entwickeln.
In diesem Werk versucht Maimonides, den vermeintlichen Widerspruch zwischen Wissenschaft und religiösem Glauben zu lösen. Dabei interpretiert er viele Aussagen der Tora allegorisch und betont die Notwendigkeit einer philosophisch geschulten Auslegung der Heiligen Schriften. Sein Ansatz ist stark von Aristoteles beeinflusst, bleibt aber stets innerhalb eines jüdisch-theologischen Rahmens verankert.
Jüdische Gesetzeslehre: Die Mischne Tora
Ein weiteres Hauptwerk Maimonides’ ist die "Mischne Tora", eine vierzehnbändige umfassende Systematisierung des jüdischen Gesetzes (Halacha). Sie ist das erste Werk, das das gesamte rabbinische Gesetz in strukturierter Form zusammenfasst, unabhängig vom Talmud. Maimonides verfolgte damit das Ziel, den Zugang zur jüdischen Rechtslehre zu vereinfachen und von der mündlichen Kommentarliteratur zu entlasten. Das Werk wurde in reinem Hebräisch verfasst und ist bis heute von grundlegender Bedeutung für die rabbinische Tradition.

Rezeption und Nachwirkung
Maimonides starb im Jahr 1204 in Fustat. Sein Einfluss erstreckt sich bis in die Moderne, sowohl im Judentum als auch in der islamischen und christlichen Philosophie. Seine medizinischen Schriften wurden bis ins 17. Jahrhundert an europäischen Universitäten gelesen. In der jüdischen Welt gilt er als eine der herausragenden Autoritäten, sowohl im rechtlichen als auch im theologischen Bereich. Bis heute gilt er als Schlüsselfigur der mittelalterlichen Gelehrsamkeit.
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Aktuelle Konzerttermine unter www.jcom.de/konzerte.
