Was sind Mizrachim?

Was sind Mizrachim?

Begriff und Schreibweisen

Mizrachim sind Juden, deren Vorfahren aus dem Nahen Osten und Nordafrika stammen. Der Begriff 'Mizrahi' bedeutet auf Hebräisch 'östlich' und meint die Herkunft aus Regionen, die den heutigen Iran, Irak, Syrien, Libanon, Jemen, Ägypten und andere Teile des Nahen Ostens und Nordafrikas umfassen und zum Teil bis nach Asien reicht. Zu den Mizrachim zählen also einerseits Juden aus muslimischen Ländern, wie persische, bucharische und kurdische Juden, aber auch indische Juden, die Bergjuden aus dem Kaukasus und Juden aus Georgien.

Der gebräuchliche hebräische Name für diese Juden ist Adot ha-Mizrach, 'Gemeinden des Ostens, des Orients', auf Deutsch sind unterschiedliche Transliterationen und Bezeichnungen gebräuchlich: Mizrachim oder auch Mizrachen, eingedeutscht Misrachim bzw. Misrachen, oder auch (ans Englische angelehnt) Mizrahim.

Ursprünge und Geschichte des mizrachischen Judentums

Das mizrachische Judentum hat uralte Wurzeln, Familien können ihre Vorfahren oft bis ins babylonische Exil (6. Jahrhundert v. Chr.) und sogar noch früher, in die Zeit des Ersten und Zweiten Tempels in Jerusalem, zurückverfolgen. Jüdische Gemeinden existierten in diesen Regionen seit Jahrtausenden und gediehen in verschiedenen Reichen und Kulturen. Im Laufe der Geschichte erlebten die Mizrachim verschiedene Perioden des Wohlstands und der Verfolgung. Die Vertreibung der Juden aus Spanien im Jahr 1492 führte dazu, dass viele sephardische Juden Zuflucht in mizrachischen Regionen fanden, wo sie die lokale jüdische Kultur integrierten und bereicherten.

Mizrachim in Israel

Aufgrund des zunehmenden Antisemitismus und der politischen Instabilität in den arabischen Ländern ab der Mitte des 20. Jahrhunderts wanderten viele Mizrachi-Juden nach Israel ein, insbesondere nach der Staatsgründung 1948. Diese Migration brachte sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich: Anfänglich hatten Mizrachi-Juden Schwierigkeiten, sich in die überwiegend aschkenasische Gesellschaft Israels zu integrieren, und sahen sich Ausgrenzung und Vorurteilen ausgesetzt. In den folgenden Jahrzehnten wuchsen die Bevölkerungsgruppen unterschiedlicher Herkunft im Einwandererland Israel zusammen.

Der fünfte Staatspräsident Israels, Yitzhak Navon, war marokkanischer Abstammung und förderte während seiner Präsidentschaft von 1978-1983 die mizrachische Kultur aktiv. Trotz der ursprünglichen Herausforderungen leisteten die mizrachischen Juden einen wesentlichen Beitrag zur israelischen Gesellschaft und Kultur. Prominente israelische Künstler mit mizrachischen Wurzeln sind z.B. die jemenitisch-stämmige Sängerin Ofra Haza oder der erfolgreiche Pop-Künstler Eyal Golan, der marokkanische Wurzeln hat.

In den letzten Jahren ist das Interesse an der mizrachischen Kultur, Musik und Traditionen wieder verstärkt erwacht. Die israelische Popkultur feiert zunehmend die mizrachische Musik, Küche und das Erbe und spiegelt damit eine breitere Anerkennung und Wertschätzung der Vielfalt der jüdischen Kultur wider.

Diaspora-Gemeinschaften

Außerhalb Israels haben mizrachische Juden weltweit lebendige Gemeinden gegründet, insbesondere in Frankreich, den Vereinigten Staaten und Kanada. Diese Gemeinden halten ihre einzigartigen Traditionen aufrecht, verschmelzen aber auch mit der breiteren jüdischen und lokalen Kultur.

Kulturelle und religiöse Praktiken

Mizrachi-Juden pflegen unterschiedliche kulturelle und religiöse Praktiken, die sie von aschkenasischen (osteuropäischen) und sephardischen (spanischen und portugiesischen) Juden unterscheiden. Hier sind einige wichtige Aspekte:

1. Religiöse Bräuche
Die mizrachische Liturgie, Gebetsmelodien und Synagogenrituale spiegeln oft ihre nahöstlichen und nordafrikanischen Wurzeln wider. Diese Praktiken haben sich über Jahrhunderte erhalten und sind nach wie vor ein wichtiger Teil ihrer Identität.

2. Feste und Feiern
Mizrachische Juden feiern jüdische Feiertage mit einzigartigen Traditionen. Mimouna zum Beispiel, das von marokkanischen Juden nach Pessach gefeiert wird, beinhaltet aufwendige Feste und gesellschaftliche Zusammenkünfte. Henna-Zeremonien vor Hochzeiten sind ebenfalls eine wichtige Tradition in vielen mizrachischen Gemeinden.

3. Die Küche
Die mizrachische Küche ist ein Zeugnis der reichen Aromen und vielfältigen Zutaten des Nahen Ostens und Nordafrikas. Beliebte Gerichte sind unter anderem:
- Hummus und Falafel: Grundnahrungsmittel, die aus Kichererbsen hergestellt werden.
- Shakshuka: Pochierte Eier in einer würzigen Tomatensauce, ein beliebtes Frühstücksgericht.
- Spieße und gegrilltes Fleisch: Gewürzt mit regionalen Gewürzen.
- Dolmas: Traubenblätter, gefüllt mit Reis und Fleisch.
- Tahini: Eine Sesampaste, die in verschiedenen Gerichten verwendet wird.

Mizrachim sind ein wichtiger Teil des jüdischen Lebens, mit reichen kulturellen, religiösen und historischen Traditionen, die einen bedeutenden Beitrag zum weltweiten jüdischen Leben leisten. Ihre Erfahrungen und ihr Erbe unterstreichen die Vielfalt innerhalb des jüdischen Volkes und verdeutlichen die unterschiedlichen Wege der jüdischen Geschichte in den verschiedenen Regionen der Welt.

 

 

 

 

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